Weil im Schönbuch: Schönbuch-Bühne Weil 1986 führt Erich Kästners „Drei Männer im Schnee“ auf
Redaktion Schönbuch-Echo
Grandiose Unterhaltung im ausverkauftem Turnerheim
Die Premiere des Erich-Kästner-Klassikers unter der Regie von Roland Blessing auf Weilemer Boden war ein voller Erfolg. Vier geplante und eine zusätzliche Vorstellung, allesamt ausverkauft, sind ein eindrucksvolles Zeugnis dafür, dass die Laienschauspieler ihr Hobby gut gewählt haben. Drei Männer im Schnee begeisterten das Publikum bereits am ersten Wochenende und das vollkommen zu Recht: die Geschichte ist altbekannt und dennoch bereitete das Zuschauen großen Spaß. Das lag natürlich auch daran, dass das Turnerheim liebevoll und sehr geschmackvoll zur Hotellobby umgestaltet worden war und das angebotene Essen und Trinken mit gefüllten Eiern und Tomaten sowie Ananas-Bowle an die 50er Jahre erinnerte. Das Ensemble war mit viel Spielfreude im Einsatz und ließ weder Übertreibungen noch große Gesten aus.
Es war im Sommer 1927, als Erich Kästner in einer Zeitungsredaktion saß und überliefert davon ist die Geschichte, dass er unter tausenden von Einsendungen zu einem Preisausschreiben die Gewinner prüfen und sortieren musste. Gut möglich, dass er, während dieser für ihn zweifelslos äußerst frustrierenden Tätigkeit, zu einer seiner wohl erfolgreichsten Geschichten inspiriert wurde. Drei Männer im Schnee wurde 1934 veröffentlicht, allerdings unter Kästerns Pseudonym Robert Neuner, denn die Nationalsozialisten hatten dem Schriftsteller bereits ein Publikationsverbot erteilt.
Zum Inhalt: Aus Jux hat der exzentrische Generaldirektor und Multimillionär Tobler (Andreas Lachenmayer) unter dem Decknamen "Schulze" an einem Wettbewerb seiner eigenen Firma teilgenommen. Als er tatsächlich den zweiten Preis gewinnt und damit einen zehntägigen Aufenthalt im Grandhotel, besorgt er sich alte Kleider, reist inkognito in den Wintersportort und gibt sich dort als armer Schlucker aus.
„Er möchte die Leute studieren“, teilt er seiner überraschten Tochter Hilde (Annette Weinberger), seiner verdatterten Hausdame Frau Kunkel (Petra Landenberger) und seinem völlig entsetzten Diener Johann (Thomas Schefold) mit. Dieser soll ihn zudem begleiten, allerdings ebenfalls inkognito, als Herr Kesselhuth und schwerreichem Reeder. Und so entspinnt sich im Grandhotel, wo sich die Schönen, Reichen und die Damen Casparius (Karin Kuppinger) und von Mallebré (Andrea Lengerer) auf der Suche nach dem Millionär ihres Herzens tummeln, eine heitere Verwechslungskommödie.
In deren weiterem Verlauf hält die Hotelleitung den Gewinner des ersten Preises, den arbeitslosen Werbefachmann Dr. Fritz Hagedorn (Jürgen Ehmann), für den verkleideten Millionär und bedenkt diesen mit Massagen, Briefmarken und gleich drei Siamkatzen. Der eigentliche Millionär Tobler hingegen muss die Eisbahn putzen, Besorgungen im Dorf machen und bekommt von Hoteldirektorin Kühne (Bettina Varga) und Portier Polter (Jens Mäutner) ein Zimmer ohne Heizung zugewiesen.
Das Spiel um Schein und Sein nimmt im weiteren Verlauf der Handlung Fahrt auf und die einzelnen Schauspieler halten eifrig mit. Allen voran das Trio Andreas Lachenmmayer, Thomas Schefold und Jürgen Ehmann. Dass es sich beim gesamten Ensemble um Laienschauspieler handelt, vergisst der Zuschauer. Selbst Annette Weinberger, die mit der Fabrikantentochter Hilde eher eine Nebenrolle besetzte hatte ebenso wie Hotelpage Lukas Schanz eine Präsenz, die beeindruckte.
Am Ende wird aus der Hausdame Frau Kunkel Tante Julchen, Geheimrat Tobler mutiert vom Trauzeugen zum Brautvater und der arbeitslose Hagedorn steigt zum stellvertretenden Geschäftsführer der weltbekannten Putzblank-Werke auf. Als am Ende auch noch der Schnulzenklassiker "Wir wollen niemals auseinandergeh’n" durchs Turnerheim schallt, gibt es beim Auditorium kein Halten mehr. Stürmischer Beifall belohnt die schauspielerische Leistung des Ensembles um Regisseur Roland Blessing. Zweieinhalb Stunden Kurzweil und wirklich grandiose Unterhaltung.
Heiter weiter geht es am kommenden Wochenende. Am Freitag, 11. und Samstag, 12. März wird noch einmal gespielt, allerdings vor bereits ausverkauftem Haus. (cos)